Geschichte des Architekturunterrichts an der ETH Zürich
1854 Parlamentarischer Beschluss zur Gründung eines Eidgenössischen Polytechnikums in Zürich auf der Grundlage der Verfassung von 1848
15. Oktober 1855 Eröffnung der "eidgenössischen polytechnischen Schule" mit sechs Abteilungen, darunter die ursprünglich nicht vorgesehene "Bauschule"
7. Februar 1856 Berufung Gottfried Sempers als erster Professor und Vorsteher der Bauschule. Der Baukünstler und Theoretiker entspricht dem überwiegend praktisch-technisch ausgerichteten Profil der polytechnischen Schule wenig. Auch sein an der Pariser École des Beaux-Arts orientiertes Unterrichtsmodell steht in Konflikt dazu. Die Bauschüler arbeiten im Zeichensaal an praxisnahen Aufgaben und messen sich in Konkurrenzen.
Semper gelingt es, den Titel des Diploms von "Baumeister" in "Architekt" zu ändern, scheitert jedoch damit, die dreijährige Studiendauer zu verlängern.
1857 Besetzung der zweiten, auf den Zivilbau ausgerichtete Professur durch Ernst Gladbach
1864 Umzug der Bauschule in das Erdgeschoss im Nord- und Westtrakt des nach Plänen Sempers neuerbauten Polytechnikums
1866 Maximum von 52 Schülern (bis 1914 konstant unter 100)
1871 Weggang Sempers. Julius Stadler und Georg Lasius führen den Unterricht in seinem Sinne weiter, die Schule droht jedoch zu erstarren.
1881 Mit Friedrich Bluntschli Berufung eines renommierten Architekten in der Tradition Sempers, allerdings weitaus formalistischerer, ganz auf das Vokabular der Renaissance fokussierter Unterricht
1882 Verlängerung der Ausbildung auf sieben Semester
1899 Umbenennung der Bauschule in "Architektenschule", 1924 in "Abteilung für Architektur"
1900 Berufung des Zürcher Stadtbaumeisters Gustav Gull. Reform-Architektur hält Einzug, Unterscheidung in Monumental- und Zivilbaukunst wird obsolet. Gull führt das Fach "Städtebau" in den Lehrplan ein.
1904 Ausgliederung der Diplomarbeit aus den sieben Semestern des Studiums
1911 Umbenennung des Polytechnikums in "Eidgenössische Technische Hochschule Zürich"
1914 Mit Rücktritt Bluntschlis wird der Unterricht des klassischen Formenvokabulars weitgehend verdrängt, bis er 1925 mit der Berufung Friedrich Hess’ als Nachfolger von Lasius endet.
1915 Berufung Karl Mosers
Gull und Moser vertreten zunehmend zwei konkurrierende Architekturauffassungen; Gull gilt als rückständig, Moser dagegen als fortschrittlich und als einer der Väter der modernen Architektur.
1917 Durch Neuorganisation der Fächer Baumechanik, Baustatik und Konstruktionslehre festigt sich die heute übliche Aufgabenteilung zwischen Ingenieur und Architekt.
1929 Nach dem Rücktritt Mosers (1928) sowie Gulls Neustrukturierung und Reformierung der Architekturabteilung unter den Nachfolgern Otto Rudolf Salvisberg und William Dunkel: Um ein Nebeneinander konkurrierender Architektur-Strömungen zu vermeiden, wird in einer Folge von Jahreskursen unterrichtet, die je von einem Professor betreut werden und jeweils komplexere Aufgaben umfassen. Stärkere Ausrichtung des Curriculums auf den Entwurf, Statik und Baukonstruktion eng darauf abgestimmt.
1931 Verankerung der Berufspraxis im Lehrplan durch Einführung eines halbjährigen obligatorischen Praktikums (seit 1945 ein Jahr)
1941 Hans Hofmann folgt auf O. R. Salvisberg.
1959 über 400 Studierende. Rücktritt William Dunkels
Neuorganisation der Lehre: Der von Bernhard Hoesli wesentlich entwickelte Grundkurs vermittelt systematisch die Prinzipien der modernen Architektur, dadurch ist es möglich, in den oberen Jahreskursen parallel unterschiedliche Strömungen und Auffassungen (moderner) Architektur zuzulassen.
Erweiterung des Lehrkörpers unter anderem durch Gastdozenten wie Georges Candilis, Ralph Erskine, Jørn Utzon oder Aldo Rossi (1972–1974), dessen Entwurfsmethodik bis in die jüngste Zeit einflussreich ist.
1960 Verlängerung der Studiendauer auf acht Semester (plus Diplomarbeit)
Zunehmend stärkere wissenschaftliche Ausrichtung der Architekturabteilung
Einführung neuer Fächer wie Soziologie (1962, Lucius Burckhardt)
Systematisierung der Entwurfsdidaktik durch Hoesli (später der Konstruktionsdidaktik durch Heinz Ronner und der Gestaltungsdidaktik durch Peter Jenny)
Gründung von Forschungsinstituten:
- Institut für Orts- Regional- und Landesplanung ORL 1961 (seit 2002 neu organisiert im Netzwerk Stadt und Landschaft NSL)
- Institut für Geschichte und Theorie der Architektur gta 1967
- Institut für Hochbauforschung hbf 1969 (aufgehoben 1985)
- Institut für Hochbautechnik hbt 1972 (seit 2009 Institut für Technologie in der Architektur ITA)
- Institut für Denkmalpflege ID 1972 (heute Institut für Denkmalpflege und Bauforschung IDB).
1968 Bezug zusätzlicher Räume im sogenannten Globus-Provisorium an der Bahnhofbrücke
1972 Einführung des zweijährigen Rotationsprinzips der Vorsteher
Mitte 1970er Jahre über 1000 Studierende
1976 Umzug der Architekturabteilung in die ETH-Aussenstation auf den Hönggerberg unter grossem Protest
1980er Jahre Durch die eigene Forschungsarbeit sowie angesichts des Pluralismus der internationalen Architektur ist das vermeintlich klare, auf der Moderne basierende Profil der Schule immer mehr in Frage gestellt. Das stringente didaktische Konzept des Grundlagenunterrichts am Beginn des Studiums wird aufgebrochen.
Die seit 1999 Departement Architektur genannte Schule gewinnt eine grössere Autonomie. Entsprechend der an internationaler Exzellenz orientierten Politik der ETH nimmt die Forschung an Bedeutung zu. Dies schlägt sich in zahlreichen Publikationen der Professuren und Institute sowie in einer deutlichen Zunahme der Promotionen nieder.
2007 Einführung eines sechssemestrigen Bachelor- und eines viersemestrigen Master-Studiums in Anpassung an die Bologna-Standards