Flora Ruchat-Roncati an der ETH
SNF Forschungsprojekt -
Eliana Perotti (PI), Irina Davidovici, Katia Frey, Katrin Albrecht, Helene Bihlmaier
Flora Ruchat-Roncati an der ETH Zürich, 1985-2002
Professorin, Architektin, Theoretikerin
Flora Ruchat-Roncati (1937-2012) war in den 1970er Jahren eine wichtige Exponentin der Tessiner Architekturgruppe Tendenza, deren bedeutender Beitrag an den internationalen Architekturdiskurs bis heute sichtbar nachwirkt. Ihre Berufung im Jahr 1985 als Professorin an die Architekturabteilung der ETH markierte nicht nur den Beginn ihrer bemerkenswerten Karriere als Lehrende, aus der mehrere Generationen bekannter Schweizer Architektinnen und Architekten hervorgingen, sondern besetzte auch erstmals einer ETH Professur mit einer Frau.
Im Zentrum der Untersuchung steht Flora Ruchat-Roncatis ausserordentliche Karriere als akademische Lehrerin und als Berufsfrau, die in wechselnden Kollaborationen mit Tessiner Architekten das Modell der kollektiven Arbeit vertrat und mit einer Reihe von Werken – vom Einzelbau, über städtebaulich relevante Komplexe bis hin zu grossen Infrastrukturprojekten – die Entwicklung der modernen Schweizer Architektur prägte.
Das Forschungsprojekt gliedert sich in zwei Teile, die komplementäre Fragen in Bezug auf die bemerkenswerte akademische und professionelle Laufbahn von Flora Ruchat-Roncati und ihrer Pionierrolle für die Architektur formulieren. Ein Fokus liegt auf Ruchats Lehrtätigkeit, auf ihre pädagogisch-didaktischen Konzepte sowie ihrem Vermächtnis an die Schweizer Architektur des 20. Jahrhunderts, der mit der Zeugenschaft vieler affirmierter Schülerinnen und Schüler zur Sprache kommen soll. Ein weiterer Brennpunkt bildet dabei ihre herausragende Rolle als Architekturvermittlerin zwischen den heterogenen Schulen und Diskursen der jeweiligen Schweizer Sprachregionen.
Diese Forschung, die sich eines interdisziplinären Instrumentariums– von der klassischen Archivrecherche bis zur oral history – bedient, soll einen Beitrag an die Geschichte der Schweizer Architektur, der Entwicklung der Architekturschule an der ETH Zürich und an die Geschichte der Frauen in der Schweiz leisten. Auch versteht sich diese Untersuchung als Beitrag an die aktuelle Diskussion um adäquate „Formen“ der Forschung in der Architektur und um die Präsenz und Sichtbarkeit der Frauen im Fach.