«Mehrdeutige und vielschichtige Raumcollagen»: Die Architektin Lilitt Bollinger leitet ein Gaststudio am D-ARCH

Bollinger arbeitet in ihrem Studio in Nuglar nahe am Handwerk und viel mit Umbauten. Seit Mai ist sie Co-Präsidentin des Bund Schweizer Architektinnen und Architekten.

Lilitt Bollinger
Lilitt Bollinger (Foto: Lilitt Bollinger Studio)

Lilitt Bollinger rief 1997 in Basel zusammen mit Cristine Strössler die Taschenmanufaktur Prognose ins Leben, die sie zehn Jahre lang führte. 2010 schloss sie das Architekturstudium an der ETH Zürich ab und gründete drei Jahre später ihr eigenes Büro in Basel, in dem sie neben Gebäuden auch Produkte entwirft. Bollinger amtet seit 2021 als Gemeinderätin für das Ressort Hochbau und Planung in Nuglar-St. Pantaleon und setzt sich dort für qualitätssichernde Verfahren ein. Seit 2024 engagiert sie sich in der Stadtbildkommission Zug. Seit Mai dieses Jahres präsidiert sie zusammen mit der Architektin Anja Beer den Bund Schweizer Architektinnen und Architekten. Im Herbstsemester wird sie ein Gaststudio leiten am Institut für Entwurf und Architektur IEA.

2019 errichtete Bollinger in Nuglar auf den Fundamenten eines Weinlagers Rheinhäuser aus Holz. Die Arbeit erhielt den Goldenen Hasen der Zeitschrift Hochparterre und wurde mit einer Auszeichnung guter Bauten Kanton Solothurn sowie beim Prix Lignum prämiert. Derzeit arbeitet die Architektin zusammen mit Luna Productions an einer kleinen Arealüberbauung in Aarau, deren Bestand erhalten und erweitert wird.

Bollingers Architekturbüro befasst sich mit Umbauten und betreut die Projekte vom Entwurf bis zur finalen Umsetzung. «Der Ort wird als Schauplatz eines fortlaufenden Transformationsprozesses betrachtet, in welchem der eigene Eingriff ein weiterer Baustein in einer andauernden Erzählung ist», so die Architektin. Dabei ist ihr Studio stark mit dem Handwerk verbunden. «Ich suche mit widerspenstigen konstruktiven Details nach einem einfacheren, direkten Bauen.» Lilitt Bollinger sieht im Alltäglichen unerwartete Qualitäten, die sie freilegt und herausarbeitet, um den Bestand ortsgerecht weiterzuentwickeln. «Dem Kontext werden neue kraftvolle Layer hinzugefügt, durch Überlagerung des Bestehenden mit neuen Eingriffen entstehen mehrdeutige und vielschichtige Raumcollagen», so die Architektin.

Neben der Praxis engagiert sich die Architektin politisch für ihr Berufsfeld. «Das ist eine Möglichkeit, um aus einer anderen gesellschaftlichen Rolle heraus die bebaute Umwelt mitzugestalten und Einfluss darauf zu nehmen, wie eine klimagerechte Architektur aussehen könnte.» Zur Selbstermächtigung gehören laut Bollinger genaue Beobachtung, Austausch und Mitbestimmung. Als Gemeinderätin setzt sich die Architektin beispielweise dafür ein, dass eine Gruppe Jugendlicher aus Eigeninitiative einen Pavillon bauen können in Nuglar. Solche demokratische Basisarbeit wird auch in ihrem Gaststudio Thema sein.

Gaststudios
Das Departement Architektur lädt jedes Jahr sechs Gaststudios ein, die ein bis vier Semester lang Entwurf unterrichten. Sie werden von den Instituten unter Einbindung der Stände gewählt. Im Herbstsemester 2024 begrüsst das Departement neben der Landschaftsarchitektin Céline Baumann und den Architekten Oliver Lütjens und Thomas Padmanabhan neu den Verein ZAS*, die Architektin Lillit Bollinger, den Architekten Gilles Retsin sowie Anja Beer und David Merz vom Architekturbüro Beer Merz als Entwurfsgäste.

Lilitt Bollinger – IEA Ringvorlesung
13. November 2024, 18.00 – 20.00 Uhr
ETH Zürich Hönggerberg HIL E 1

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